Eva Hradil, Grüne Schuhe im Raum, 2000-2001, Öl auf Leinwand, 50 x 60 cm
Das Bild ist aus drei farblich unterschiedlichen Flächen gebaut, einer dunkelbraunen, einer rosaroten und einer roten. Die Farben sind ungleichmäßig dicht aufgetragen. Hie und da scheint der weiße Malgrund durch. Ins Dunkelbraun ist Grün und ins Rosa Weiß gemischt.
Die drei Farbflächen können als Ecke eines Zimmers gesehen werden. An diesem geschützten Ort, von dem aus sich der Raum zum Betrachter hin auftut, steht ein Paar Schuhe. Ihre Farben sind Dunkelgrün, Braun und eine Mischung von Rot und Rosa.
Die Schuhe scheinen wir zufällig dazustehen. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass sie an der Ordnung der Bildfläche wesentlichen Anteil haben. Durch sie wird diese Ordnung zu einer Gestalt verdichtet. Das helle Braun der Schuhe nimmt das Dunkelbraun der Bodenfläche auf. Ihr rötliches Rosa verbindet die Farben der Wände. Das Dunkelgrün ist nur unmerklich vom Braun des Bodens abgesetzt. Beide Schuhe stehen aufrecht und verkörpern so die Vertikale des Bildes. Der Schwung der Schlaufen vermittelt spielerisch zur Horizontalen. Beide Schuhe sind schräg gestellt. Sie verkörpern so die dritte Dimension des Bildaufbaus. Der eine steht parallel zur Schräge zwischen Wand und Boden, der
andere parallel zur Diagonale der Bildfläche.
Eva Hradil besitzt ein ausgesprochenes Gespür für den Umgang mit farbigen Flächen. Ihre Malerei schafft Beziehungen farbiger Flächen zueinander. Es wird eine Balance hergestellt. Akzente werden sorgfältig so gesetzt, dass sie das Gleichgewicht nicht ins Wanken bringen. In die
ausgedehnten Farbflächen des Hintergrundes, die jedem ihrer Bilder eine bestimmte Grundstimmung geben, setzt sie kleinere Farbflächen. Diese leuchten manchmal aus der Bildfläche hervor. Sie bringen Bewegung ins Bild und sorgen für Spannung. Es ist ein Vergnügen, das Auge in diesen Bildern wandern zu lassen. Gegenstände, die manchmal deutlich, manchmal weniger deutlich zu erkennen sind, stammen aus der unmittelbaren Umgebung von Eva Hradil. Die Dinge sind ganz für sich und zugleich verdichtet sich in ihnen die Ordnung des ganzen
Bildes. Sie besitzen Würde – und eine körperliche zu verspürende Nähe.
Die Bilder Eva Hradils wurzeln in einer Erfahrung von Nähe und Freundlichkeit. Die Qualität ihrer Malerei zeigt sich darin, dass für diese Erfahrung eine Form gefunden wurde. Wer die Bilder betrachtet, lernt wahrnehmen, dass sie/er selber Verdichtungen und Verkörperungen von Beziehungen ist, wie es von Eva Hradil dargestellt wird.
Gustav Schörghofer SJ
(erschien im Sep. 2001 in „Welt der Frau“)