Input - woher?

 

Input – woher?

 

 

 

Fernseher habe ich schon ewig keinen. Seitdem Wien und der Osten NÖs auf digitales Fernsehen umgestellt wurde. Wann war das? Diesen Umstand nahm ich jedenfalls zum Anlaß die ego-soziale Versuchsanordnung: „Was tut eine Hradil, wenn sie keinen Fernseher hat?“ auszutesten. Wegen subjektiver Charaktereigenschaften und einer hohen Suchtneigung war dieses Experiment mit einem funktionierenden Fernsehgerät tatsächlich nicht möglich. Es bestand aber schon einige Zeit die Neugierde auf die Antwort zu dieser Frage, da ich – wenige, aber doch einige – Freunde hatte, die schon Jahre ohne Fernseher überlebten. („WAS TUN DIE am Abend??????“) (Erwähnen muss man aber, dass ich mich schon zuvor gegen Kabel- und Satellitenempfang gewehrt hatte…)

 

 

Die ersten drei Wochen waren … schräg. Dann habe ich diese neue Lebensform nicht nur ertragen gelernt, sondern lieben. Ich begann – Wahnsinn! Nach 1000en Jahren der Abstinenz – wieder tanzen zu gehen. Statt Dancing-Stars anzusehen (was ich schon sehr gern gemacht hatte) SELBST zu tanzen. Unglaublich, was das für einen Unterschied darstellt. Zuerst einige Jahre Standard/Latein, und als mich Bänderrisse im linken Sprunggelenk (verursacht durch einen Gehsteig, inneren Groll und dadurch generierte Unachtsamkeit) für ein ganzes Jahr dahingehend ruhigstellte; nach dem verletzungsbedingten Jahr dann Tango argentino, welcher  ursprünglich nur als „ruhige Therapieform zur Rückgewinnung der Stabilität der Fußmuskulatur“ gedacht war. Meine Suchtneigungen hatten im Tango argentino allerdings einen idealen Nährboden gefunden und sich mächtig aufgeforstet. Und somit bin ich geblieben – seit mittlerweile über zehn Jahren.

 

 

Das Leben wurde ohne Fernseher teurer, muss man sagen. Statt rund 40 Euro zahle ich nun 14 Euro GIS (Radio), diese Ersparnis ist nichts im Vergleich den Ausgaben, die ich durch erhöhten Lesekonsum, Kinobesuche, Zutaten für Essenseinladungen, Tanzkurse, Eintritte und Konsumationen bei Tanzveranstaltungen,  usw. hatte.

 

Das Leben wurde dadurch aber auch wertvoller. Ich lebe auch am Abend.

 

 

 

Ungefähr einen oder zwei Monate, nachdem sich die Erde einen Virus zugezogen hatte (Okay: nachdem jener bei uns angekommen war), habe ich dann beinahe auch aufgehört Radio zu hören. Das hat nichts mit Verleugnen der Ernsthaftigkeit zu tun, vielmehr mit dem Vermeiden all der Aufgeplüschtheiten. Das Wort „Pressekonferenz“ verursacht mir Atemnot. Die nötigen Fakten/Maßnahmen lese ich – ein- bis zweimal in der Woche – online nach.

 

Und natürlich sind zeitgleich fast alle abendlichen Lebensformen abseits vom Fernseher ins Lockdown-Kastel eingesperrt worden. Einzig die Bücher bleiben einem, sofern man sich zeitgerecht eingedeckt hat, weil ich bin auch nicht so eine online-Bestellerin.

 

 

Und nun ist noch zusätzlich Winter mit diesen kurzen Tagen. Und diese Tage schaffen es in Wien und östlichen NÖ oft tagelang nicht ein ordnungsgemäßes „Tageslicht“ zu entfalten, sie bleiben im Kuschelmodus, ganztagsgedimmt.

 

 

Nun klebt der Suchtmensch Hradil also am Notebook und im Internet. Sehr peinlich, lästig und … auch auf Dauer sinnlos. Mein Output – derzeit Videos – müssen ohne inspirierenden Input auskommen. Genährt von Kochvideos, Katzenvideos (und einer echten Katze, deren Untertan ich im Lockdown bin)  usw. entstehen Blähungen wie mein neues „7 Cup Cat Cake“-Video. Es ist wie ein liebevolles Bäuerchen nach zu viel Video-Konsum. (Ein Bäuerchen mit Humor…)

 

Niemand ist schuld. Oder wenn doch, dann ich selbst. Ich könnte mir ja andere Dinge ansehen. Oder auch abends zeichnen, Yoga-Junkie werden, entrümpeln, nähen, … aber das ist zum Teil wohl auch eher Output als Input.

 

 

Liebe Menschen! Ich freue mich schon sehr auf Euch. Auch, wenn Ihr mir im richtigen Leben manchmal  auf die Nerven geht – einige von Euch/hin und wieder – insgesamt brauchen wir uns. Und, wenn es nur zum auf die Nerven gehen ist. Das ist schließlich auch Input ;-)

 

 

Ihr seid meist tausendmal besser als fernsehen und Internet gucken. Ihr, und das, was Euch ausmacht, weil es durch Euch entstanden ist: Musik, Theater, Kino, Tanz, Gastronomie, Kurse, Treffen, Diskussionen, …

 

 

Ich freue mich auf Euren Output. Ich brauche dringend neuen Input. Ihr seid mein bestes Suchtmittel! (Weil selbst für den Tango braucht es Euch…)