Artist in Residence
in Peking und Wuhan
Oktober bis Dezember 2001
Land NÖ - Abteilung Kunst und Kultur
Oktober bis Dezember 2001 war Eva Hradil Artist in Residence in China. Ermöglicht durch die Abteilung Kunst und Kultur des Landes NÖ,
Written Shoes
Vom ersten Tag an - in Peking - zeichnete Eva Hradil mit Tusche auf Papier in ihrem Zimmerchen. Das Atelier sei noch nicht fertig, hieß es, als die Frage danach gestellt wurde. Das klang schon deshalb glaubhaft, weil das gesamte Universitätsgelände quietschneu war, und all die Studenten, Professoren usw. selbst erst zwei Wochen zuvor eingezogen sind.
Doch bald stellte sich heraus, dass man in China annahm, ausländische Gäste werden in China nicht arbeiten, sondern herumreisen. Und dass somit gar kein Atelier vorgesehen war. In Peking. ("In zwei Wochen" ist die höfliche, chinesische Möglichkeit das direkte "nein, das ist ja gar nicht vorgesehen" zu umgehen.)
Anfangs war es also "nur" um die Wartezeit auf das vermeintliche Atelier zu überbrücken, dass sich Eva Hradil mit der Tusche beschäftigte. Der erste Gang aus dem Univeristätsgelände hinaus galt gleich dem Geschäft mit Materialbedarf für Studenten und dort flüssige Tusche und (anfangs noch herkömmliches) Papier zu besorgen.
Das Paar "gute Schuhe" wurden auf den (Schreib)Tisch gestellt und jeden Tag festgehalten. Jeden Tag wurden sie anders. "Fast wie Tagebuch schreiben" sei das. So kam es zum Begriff Geschriebene Schuhe, der dann später ins Englische übersetzt Titel der Serie und der Ausstellung in Wuhan wurde.
Drei kleinformatige Zeichenblöcke mit je 35 Blatt auf herkömmlichen Papier füllten sich. Anfangs gegenständliche Zeichnungen dieses Paar und der "Verbindung" seiner beiden Schuhe, später Übereinanderlagerungen von mehreren Einzel-Zeichnungen am gleichen Blatt.
Und später, dann schon auf Reispapier, völlig abstrahierte Details, die man als Schuhdetails nur im Kontext erkennen kann.
Wie Schriftzeichen
Wie chinesische Schriftzeichen eigentlich stark vereinfachte Bilder sind, wurden diese Schuhbilder zu immer zeichenhaftere Konzentrate.
Statt die "Sinnlichkeit von Farbe" nutzen können, entdeckte Eva Hradil die Sinnlichkeit von Grauwerten - Subtile Farbigkeiten. Die Qualität des Striches von suchend bis behauptend, von hellgrau bis tiefschwarz, von ganz trocken bis komplett nass.
ca. 100 Arbeiten à 19 x 27 cm, Tusche auf Papier
ca. 200 Arbeiten à 17 x 17 cm, Tusche auf Reispapier
7 Arbeiten 140 x 70 cm, Tusche auf braunem Reispapier
Anders, als gedacht
So arbeitete Hradil - anders, als urprünglich gedacht - mit Tusche auf Papier. Das wäre ihr vorab nicht eingefallen (weil viel zu logisch für China?). Portraits wollte sie malen. Auf Leinwand. Portraits von chinesichen Menschen.
Aus der Notlösung die Wartezeit auf das "versprochene" Atelier mit diesen Zeichnungen zu überbrücken wurden drei wichtige Serien im Schaffen Eva Hradils.
Und die gesamte Zeit der Residency war eine der intensivsten und lehrreichsten ihres Lebens.